Manipuliertes Zeitempfinden – Wieso mir die Zeit einen Streich spielt

Jedem von uns ist das Paradoxon der sich beschleunigenden Zeit bekannt. Damals hatte man noch das Gefühl, dass einem die Zeit in der Kindheit wie eine nicht enden wollende Ewigkeit erschien. Dass die Jugend mit unzähligen Erlebnissen, Erinnerungen und Glücksmomenten nostalgisch in die Länge gezogen wurde. Und das mit dem Erwachsenwerden ein neuer Zeitfresser geboren wurde. Haben Sie auch das mulmige Gefühl, dass Ihre Lebenszeit mit steigendem Alter schneller voranschreitet?

Manipuliertes Zeitempfinden – Große Momente bleiben für die Ewigkeit bestehen

Um dieses Phänomen zu erklären, wollen wir uns erst einmal unserer Kindheit widmen. Viele Ereignisse, die wir in unserer Kindheit erlebt haben, sind mit unzähligen ersten Momenten verbunden. Der erste Besuch im Zoo, der gemeinsame Ausflug in einem Freizeitpark, das gemeinsame Grillfest mit der Familie, die Phase des Kindergartens, die Jahre in der Grundschule usw.

Jedes Mal, wenn wir zum ersten Mal ein emotionales Erlebnis wahrnehmen, verarbeiten unsere Neuronen diese Geschehnisse mit Glückshormonen und speichern diese abwechslungsreichen Erinnerungssequenzen in unserem Gedächtnis ab. Durch die hohe Frequenz an neuen, bewegenden Ereignissen und Informationen suggeriert einem das Gehirn im Nachhinein, dass man in dieser Zeit viel erlebt hat. Somit wird die Zeitwahrnehmung in dieser Phase als prägend eingestuft und vom Gehirn als eine langfristige Phase wahrgenommen. Das heißt, dass das Gehirn uns vorgaukelt, dass die Zeitwahrnehmung in dieser besagten, ereignisreichen Zeit mit unseren großen Momenten als lang empfunden wird.

Unterschiede des Zeitempfindens in verschiedenen Altersgruppen

Psychologische Tests haben bewiesen, dass Kinder und Teenager ihre Zeitwahrnehmung als langsamer einstufen, während für junge Erwachsene ihr Zeitgefühl schneller wirkt. Noch ältere Probanden bezeichnen ihre Zeitwahrnehmung als noch schneller voranschreitend. Mögliche Gründe für die unterschiedliche Zeitwahrnehmung der verschiedenen Altersgruppen hängen mit der Abfolge der prägenden Ereignisse zusammen.

Mit zunehmendem Alter wird man stärker in Beruf und Familie eingebunden, was dazu führt, dass man ein routinierteres Leben führt. Erlebt man in dieser Zeit wenig Neues, dann ist ein großer Teil dieses Lebensabschnittes im Nachhinein schneller vergangen. Vergleichen wir ein routiniertes und eintöniges Menschenleben jedoch mit dem Leben eines Teenagers, der ständig emotionale und wichtige Ereignisse erlebt, dann wird das Leben des jungen Menschen im Nachhinein als länger empfunden, da in den Neuronen viel mehr prägende Informationen verarbeitet werden müssen.

Gefühlte Zeit verzögern – Das Paradoxon der Zeit

Wenn Sie diesem Paradox der Zeit entgegenwirken wollen, dann sollten Sie sich mehr einzigartige Momente schaffen. Statt sich nach dem Feierabend vor den Fernseher zu setzen, könnten Sie sich zu einem langen Spaziergang mit Picknick im Freien entschließen. Anschließend könnten Sie Ihrer Lieblings-Bar einen Besuch abstatten. Einzigartige Erlebnisse und Momente bewirken, dass Ihnen Ihr Gehirn im Nachhinein suggeriert, dass Sie an diesem Tag mehr erlebt haben. Unbedeutende Tage mit langweiligen Beschäftigungen werden vom Gehirn nicht sonderlich wahrgenommen und verschwinden in der Zeitachse. Diese Zeit fehlt dann, wenn Sie sich an „alte Zeiten“ zurückerinnern. Schaffen Sie sich große Momente und erleben Sie Emotionales, damit Ihr Gehirn sich daran erinnert!

Wie die Zeit tickt – Subjektives Empfinden

Nehmen wir an, dass Sie ins Büro fahren, um dort Ihre täglichen Arbeiten zu verrichten. Die Zeit scheint langsam zu vergehen. Genauso beim Warten auf die U-Bahn. Sie schauen auf die Uhr und sehen, dass Sie noch zehn Minuten zu warten haben. Eine Ewigkeit! Ein Bauarbeiter schuftet in der heißen Sonne und macht sich an der körperlich harten Arbeit zu schaffen. Auch ihm kommt es so vor, als ob der Tag nicht enden wollen würde. Wieso ist das Zeitempfinden dort verlangsamt? Ein möglicher Grund dafür ist die Fixierung auf die Zeit. Sobald der Fokus auf die Zeit gelegt wird und der zeitliche Ablauf als unangenehm empfunden wird, quält uns die Zeit mit ihrer Langsamkeit.

Im Unterschied dazu, stellen wir uns einen ereignisreichen Abend mit einem Besuch in einem Museum vor. Nach der Führung durch das Museum und einem anschließenden Besuch in der Bar, wird die Nacht mit einer Tanzeinlage im Club vollendet. Das Gehirn suggeriert uns hier, dass wir einen ereignisreichen Abend mit vielen Emotionen und Glücksmomenten erlebt haben. Die Zeit vergeht daher wie im Flug. Nach mehreren Jahren werden wir uns an diesen Abend erinnern, da das Gehirn Emotionen und große Momente  intensiver verarbeitet. Selbst wenn der besagte Abend in der Vergangenheit als schnell vergangen empfunden wurde, wird er als sehr prägendes Ereignis im Gehirn abgespeichert. Das führt dazu, dass dieser Abend im Nachhinein als langanhaltende Zeit empfunden wird.

Der Einfluss von Unterhaltung und Langeweile auf die Zeitwahrnehmung

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Zeitwahrnehmung als schneller eingestuft wird, wenn man etwas als spannend und unterhaltend empfindet. Man erlebt soviel Abwechslung und Freude, dass die Zeit wie im Flug vergeht.

Langweilt man sich jedoch bei einer Sache, dann will die Zeit einfach nicht vergehen. Mühseliges Warten, sowie qualvolle Stunden der Arbeit, ob körperlich oder geistig, die man als langweilig empfindet, lassen die Zeit im subjektiven Empfinden verlangsamen.

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