Beicht-Sofa: Vor lauter Flugangst im Flugzeug zugesoffen! #6

Männlich, 24, anonym, berichtet über seine stark ausgeprägte Flugangst. Er erzählt uns, wie er vor lauter Furcht noch vor dem Flug zu trinken begann, um den Höhepunkt seines Besäufnisses im Flugzeug zu vollenden.

Zuletzt bin ich mit 17 Jahren geflogen, und es war der blanke Horror. Das Flugzeug wurde von heftigen Turbulenzen erfasst und regelrecht durchgeschüttelt. Starke Wind-Böen zogen und zerrten an der Maschine. Meine Eltern waren ebenfalls auf dem Flieger und befanden sich in der selben Reihe weiter links von mir und versuchten mich von dort aus zu beruhigen. Früher hatte ich noch keine Flugangst, doch dieses Erlebnis sollte alles ändern.

Als die Stewardess, eine hübsche Brünette, mir meinen gewünschten Kaffee servieren wollte, holperte es plötzlich mehrmals hintereinander, ziemlich brutal, sodass ein großer Schwall meines Kaffees mitten auf dem Hollunder-Pullover der alten Dame neben mir landete. Das ging dann so weiter mit den Turbulenzen, bis wir endlich ankamen. Selbst die Landung war holprig und die Angstgebete der alten Frau während des dauer-turbulenten Fluges höre ich heute noch in den Ohren. Ich versprach mir, sehr lange Zeit auf Flüge zu verzichten. Scheiß drauf, dachte ich mir damals noch.

„Sehr lange versuchte ich meine Flugangst zu verdrängen!“

Lange Jahre versuchte ich also das Fliegen zu vermeiden. Die Flugangst war durch mein posttraumatisches Erlebnis in meiner Jugend noch tief im Gehirn verankert. Doch meine Kumpels schlugen eines Tages vor, dass wir einmal so richtig Urlaub machen sollten, mit Palmen, Meer, Strand und Mädels. Das hörte sich gar nicht schlecht an, doch als mein bester Kumpel dann von einer Flugreise sprach, kräuselten sich mir meine Fußnägel. Ich fühlte mich allein beim Gedanken an das Fliegen wie gelähmt. Plötzliche Panik kam in mir auf. Meinte der das ernst?

„Nach 7 Jahren sollte ich wieder in einen Flieger steigen. Lass uns an den Strand, hieß es…“

Ich grübelte lange hin und her und glaubt mir, ich bepisste mich vor lauter Flugangst fast. Immer wenn ich daran dachte, wurde mir richtig übel. Doch nach langem Mosern, Herumquängeln und nach etlichen Stunden Überzeugungsarbeit durch meine Kollegen willigte ich in den Plan ein. Die Tickets wurden gebucht, die Tage gezählt und die Panik in meinem Geiste geschürt. Am Tag zuvor bekam ich beim Gedanken an den Flug Kopfschmerzen und begann zu schwitzen. Und das nur durch die Flugangst, die sich in meinem Kopf festgekrallt hatte. Ich hatte die letzten Wochen vor dem Flug genügend Anti-Flugangst-Lektüre gelesen, um ein Buch darüber zu verfassen, doch noch immer pulsierte mein Herz wild und entschlossen in meiner Brust, um zu beweisen, dass es wohl doch nichts gebracht hatte.

„Die Flugangst machte mir zu schaffen. Ich musste meine Sorgen wegsaufen…“

Am Flughafen angekommen fühlte ich mich wie benebelt. Mir war schwindlig und speiübel. Ich war kurz davor, mit meiner größten Angst konfrontiert zu werden. Das Herz pochte, meine Gedanken rasten in abgehackten und verstümmelten Phrasen durch mein Hirn und meine Hände wurden feucht und schwitzten. Meine Kumpels lachten sich nur den Arsch ab und sagten, ich solle locker bleiben. Sie konnten nicht verstehen, dass die Flugangst mich außer Gefecht setzte. Ich musste also was dagegen tun, ich würde es nicht durchhalten, ohne mich vollends zum Narren zu machen. Da wir frühzeitig am Flughafen ankamen, sprintete ich zum nächsten Laden und legte mir eine Whiskey-Flasche zu. Mit dieser verschwand ich dann für eine Weile auf der Toilette, da mein Magen sich verkrampft hatte.

„Noch bevor ich in das Flugzeug stieg, hatte ich fast eine halbe Falsche intus…“

Nachdem ich etwas von dem Whiskey gekostet hatte, merkte ich, dass dieser mich entspannte. Die Flugangst war zwar noch da, doch das Herzrasen war nicht mehr ganz so heftig. Der Schweiß an meinen Händen begann zu trocknen und ich konnte wieder tief einatmen. Lächerlich, dachte ich mir. Doch es half mir in diesem Moment. Leider hatte ich deutlich zu viel von dem Whiskey getrunken, da ich total betrunken geworden war. Als wir die Tickets einlösten und die letzte Schranke passiert hatten, stiegen wir in den Bus, der uns zum Flugzeug brachte. Ich schwankte ziemlich und versuchte mich an den Haltebändern innerhalb des Busses festzuhalten. Gröhlend und lachend versuchte ich gute Laune zu verbreiten. Meine Sorgen bezüglich meiner Flugangst schienen anfangs wie vergessen.

„Von der Flugangst war kaum mehr was zu spüren. Stattdessen war ich hackedicht!“

Als wir im Flieger saßen, begann wieder die Flugangst in meinem Magen zu rumoren. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich mit zu wenig Alkohol auf den bevorstehenden Flug vorbereitet hatte. Dabei war ich zu dem Zeitpunkt scheinbar schon ziemlich besoffen gewesen, wie mir meine Kollegen am Tag danach erzählten. Ich kam auf die raffinierte Idee, dass ich mir ja Nachschub im Flugzeug holen konnte. Also rief ich die „Se­ño­ri­ta“, so wie ich die Stewardess zu dem Zeitpunkt nannte und ließ mir einen Drink servieren. An alles, was danach passierte, erinnere ich mich leider nur noch schemenhaft. Erzählungen zufolge verlor ich danach vollständig die Kontrolle. Ich flirtete weiterhin mit der Stewardess und lachte beim Start des Flugzeuges scheinbar unkontrolliert. Man sagte mir, dass ich eine Rede gehalten hatte, nachdem der Flieger gestartet war und man die Gurte abnehmen konnte.

„Ich hielt vor versammelter Mannschaft eine Rede über meine Flugangst…“

Nachdem der Flieger nun in etwa zehntausend Metern Höhe vor sich hinflog, diesmal ohne Turbulenzen und ohne Komplikationen, hatte ich mich in meinem Rausch dazu entschlossen, der Öffentlichkeit mitzuteilen, wie erfolgreich ich gegen meine Flugangst vorging. Als mir meine Kollegen das erzählt hatten, versank ich am nächsten Abend förmlich im Boden. Nachdem mich die Menschen im Flugzeug also fassungslos und belustigt angestarrt hatten und meine Ansprache angehört hatten, rief ich eine Runde für alle im Flugzeug aus. Jeder sollte sich einen Drink nach seiner Wahl bestellen. Man kann von Glück reden, dass nur etwa zwei Dutzend Leute bereit für dieses Angebot waren. Am Ende kostete mich der Spaß fast 200 EUR. Als ich am nächsten Tag alle Details über meinen Hang-Over erfuhr, versprach ich mir eines: Nie, nie wieder!

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