Beicht-Sofa: Sparen war mein Hobby, doch Geiz ist nicht geil! #4

Männlich, 49, anonym, spart gerne und sieht es nicht ein, mit anderen zu teilen. Er erzählt über seinen Sparwahn und berichtet über seine Erfahrungen mit geldgierigen Leuten aus seinem Umfeld:

Seit ich zurück denken kann, spielt Geld eine wichtige Rolle in meinem Leben. Damals haben mir schon meine Eltern beigebracht, dass es wichtig ist, Geld zu sparen und für schwierige Zeiten etwas beiseite zu legen. Das Sparen fing schon mit 9 Jahren an, als meine Eltern mir mein erstes richtiges Taschengeld gaben. Statt es wie die anderen Kinder für Süßigkeiten und Spielzeuge auszugeben, zahlte ich das ersparte Geld in das dafür vorgesehene Sparbuch ein. Anfangs verstanden meine Freunde nicht, wieso mir so wenig Taschengeld für meine Freizeit zur Verfügung stand. Doch das war mir egal.

„Schaffe, schaffe, Häusle baue: Ich fing an zu sparen, um eines Tages reich zu werden…“

Wenn ich mittlerweile zurückblicke, kann ich mir nicht genau erklären, wofür ich sparte. Meine Eltern hatten es mir eingetrichtert und ich setzte alles daran, ihren teuren Rat umzusetzen. Ich verzichtete auf alle möglichen Sachen in meiner Jugend, nur um mir mehr Geld als meine Freunde anzusparen. Man fragte mich: Kommst du mit ins Kino? Ich sagte jedes Mal ab und mein Geld häufte sich.

Ob ich zur Party mitkam, fragten sie mich. Natürlich nicht, denn das würde nur Geld kosten. Sie würden auf die Idee kommen, nachts noch in einem Club vorbeizuschauen. Viel zu teuer, dachte ich mir damals nur. Stattdessen begann ich, mich richtig reinzuhängen. Bereits mit 13 trug ich Zeitungen aus, ich lernte nebenher fleißig und wurde zu einem Musterschüler. Mit einem 1-er Schnitt konnte man sich bei seinen Eltern blicken lassen. Sie förderten mein Talent und belohnten mich bei Einsern wiederum mit neuem Geld.

„Sparen wurde zu meinem neuen Hobby, alles andere um mich herum war zweitrangig…“

Mit 15 begann ich in meinen Ferien zu arbeiten. Meinen Eltern ging es gut. Mein Vater war ein angesehener Geschäftsmann, meine Mutter eine Gymnasial-Lehrerin. Auch wenn sie mir meine Wünsche von den Lippen ablesen konnten und mir schöne Sachen kauften, wollte ich mehr. Also suchte ich mir neue Nebenjobs und füllte meine Schulferien mit harter Arbeit aus. Es war ähnlich wie ein Rausch, wenn ich die Zahlen vor mir sah. Ich wusste nicht, was ich mir als erstes kaufen sollte, also sparte ich weiter. Kaum zu glauben, dass ich trotz der vielen Arbeit mit einem ausgezeichneten Hochschulabschluss graduierte.

„Ich wollte nur noch sparen. Teilen kam für mich nicht in Frage…“

Sparen war definitiv zu einer Sucht geworden. Mit 25 Jahren war ich bereits mehrmals befördert worden und verdiente wirklich erstklassig. Meine Eltern fragten mich irgendwann, wie es mit den Frauen lief. Ich konnte mich nicht beklagen. Die Frauen schienen Interesse zu bekunden, leider wusste ich nicht, ob es an meinem Geld lag oder nicht. Ich setzte alles daran, meinen Wohlstand vor jeglichen Menschen zu verstecken. Den Versuch, so spartanisch wie möglich zu leben, setzte ich erfolgreich um. Doch irgendwann bemerkte ich, dass ich Schwierigkeiten dabei hatte, mit anderen zu teilen. Während einer meiner Kumpanen den Obdachlosen auf den Straßen immer wieder ein paar Cents in die Mütze warf, widerte mich der Gedanke jedes Mal aufs Neue an. Für mich waren sie Betrüger und auch jeder, der Interesse an meinem Geld bekundete, war ein möglicher Abzocker für mich. So auch die Frauen.

„Sparen, bis man alt wird…und nichts mehr davon hat!“

Als die ersten Freunde und Verwandte davon Wind bekamen, dass ich finanziell gut gepolstert war, hatte ich den Eindruck, dass ich der erledigte Kadaver in der Savanne war, der von Aasgeiern umkreist wurde. Also machte ich mich rar. Schließlich meldeten sie sich häufig immer dann, wenn ein Gefallen erbettelt werden sollte. Ich sparte mit den Jahren weiter und gönnte mir nur das Nötigste. So sammelte ich mir einen ansehnlichen Betrag an, den ich in eine attraktive Immobilie investierte. Zu diesen Zeiten hatte ich soviel angesammelt, dass ich den Betrag auf einen Schlag in Bar bezahlen konnte. Doch mit den Jahren merkte ich, dass ich mein Haus nur für mich allein gekauft hatte. Denn von den Frauen hatte ich aus lauter Sparwahn und Geiz Abstand genommen. Den Eindruck, dass sie nur hinter meinem Geld her waren, hatte ich nie ganz wegbekommen.

„Geld, das man nicht teilen kann, lässt einen vereinsamen!“

So kam es dazu, dass die Zeit mit den Jahren verflog und ich weiterhin einsam blieb. Jetzt stehe ich fast vor meinem 50. Geburtstag und frage mich, ob ich den richtigen Weg gewählt habe. Ich weigerte mich, das Geld, das ich hatte, mit irgendjemandem zu teilen, geschweige denn, mir selbst etwas zu gönnen. Die Immobilie, die ich mir kaufte, war lange Zeit der einzige große Kauf, den ich auf mein Konto verbuchen konnte. Auch danach sparte ich noch eine ganze Weile. Doch jetzt plagen mich die Gewissensbisse. Ist es das Wert gewesen, mit mir selbst und meinen Mitmenschen dermaßen zu geizen?

Ich habe zwar Geld, doch sonst niemanden, außer eine gute Freundin und eine Hand voll guter Kameraden aus der Vergangenheit. Meine Familie ist verstorben und ich habe kein Kind und keine Frau, auf die mich freuen kann. Die Frauen haben nach wie vor nur Interesse an meinem Geld und schauen mich nicht mal mit dem Arsch an, wenn ich nicht mit den Scheinen wedel. Manchmal wünschte ich, dass ich die Zeit zurückdrehen könnte, um bestimmte Sachen und Entscheidungen anders zu treffen. Vielleicht werde ich einfach mein ganzes Geld auf den Kopf hauen! Doch nicht alles, denn ich muss doch noch sparen!

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