Beicht-Sofa: Ich leide unter krankhafter Spielsucht! #1

Beicht-Sofa: Krankhafte Spielsucht

Männlich, 36, anonym, schreibt über seine Spielsucht:

Es hat mich viel Überwindung und Energie gekostet, mich mit dem heiklen Thema Spielsucht an die Öffentlichkeit zu wagen. Doch ich halte es nicht mehr aus. Mittlerweile bricht die Welt über mir zusammen.

Ich muss beichten, denn ich leide unter einer krankhaften Sucht nach Glücksspielen. Ob Sportwetten, Spielautomaten oder auch nur Lotto-Scheine, ich kann nicht mehr die Finger davon lassen. Es hat damit angefangen, dass ich mit den Kollegen um die Häuser gezogen bin, bis wir in einer neuen Bar außerhalb gelandet sind. Einer meiner besten Kollegen hat sich nach einer Weile an den Automaten gesetzt und den Jackpot geknackt. 157 EUR hat er sich geholt. Und das mit einem Einsatz von 2,00 EUR. Er war, wie soll ich sagen, ein Glückspilz. Natürlich hat er mich dazu animiert, auch eine Runde zu spielen. Ich lehnte ab, mit dem Vorwand, zu wissen, wie gefährlich das Spiel am Automaten sei. Da hat er mich doch glatt eingeladen, und siehe da, ich habe gewonnen. Es war nicht viel, gerade mal 19 EUR sprangen für mich raus. Doch es war das erste Glücksgefühl.

„Nach vielen weiteren Glücksmomenten war ich besessen von der Spielsucht…“

So ging es dann los. Immer wenn wir um die Straßen zogen, landeten wir in einer Bar, in der ein Automat aufzufinden war. Mein Kumpel spielte und gewann. Ich konnte es nicht verstehen. Also spielte ich auch. Und bei den ersten Malen lief alles gut und der Automat spuckte Geld aus und bereicherte meine Finanzen. Doch dabei blieb es leider nicht. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und aus dem anfänglichen Zeitvertreib wurde eine regelrechte Leidenschaft. Ich begann meine Tage einzuplanen. Da war die Arbeit, die ich hinter mich brachte, nur um mit großer Vorfreude an das Spielen zu denken. Es übernahm meine Gedanken und mein Kopf war nur auf das eine Ziel ausgerichtet: Zocken! Doch als die ersten Verluste über mich kamen, wollte ich das nicht wahrhaben. Ich zockte weiter und wurde von der Spielsucht eingenommen.

„Spielsucht bringt einen dazu, alles andere auszublenden“

Wenn man spielt, dann ist alles andere um einen herum unsichtbar. Die Freunde in der Bar scheinen fern, die Freundin, die zuhause auf einen wartet, wird unwichtig. Als ich das erste Mal verlor, da war es so, als ob mir jemand eine Backpfeife verpasst hätte. Ich wollte die Backpfeife zurückpfeffern und der Automat war mein Gegner. Also warf ich nochmal 5 EUR ein. Die bunten Symbole wanderten über den Bildschirm. Die Geräusche des Zockens und die lustigen Farben setzten sich in meinem Kopf fest. Mein Kopf war überflutet mit visuellen Reizen und auch Glückshormone setzten sich in mir frei. Ich war geblendet. Doch es lief nicht mehr. Der Algorithmus hinderte mich am Gewinn. Der eingeworfene Betrag erlosch und ich warf noch mehr Geld ein, bis ich meinen Geldbeutel geleert hatte.

„Um meine Spielsucht zu finanzieren, musste ich kreativ werden…!“

Als sich mein erstes großes Minus auf meiner Bank bemerkbar machte, kam gerade der nächste Lohn zum richtigen Zeitpunkt. Endlich hatte ich wieder Asche! Doch die Miete musste bezahlt werden, die Lebensmittel für meine Freundin und mich mussten gekauft werden. Außerdem musste ich noch Benzin- und Versicherungs-Kosten einkalkulieren. Da blieb nicht mehr viel übrig zum Zocken! Irgendwie musste ich es schaffen, meine Spielsucht zu finanzieren. Vor allem war es mein Ziel, das verlorene Geld wieder reinzuholen. Meine Freundin fragte mich schon, wieso ich so spät nach Hause kam und was bei mir los sei. Ich sagte ihr, dass wir an einem großen Projekt bei der Arbeit dran waren. So stürzte ich mich nach und nach in ein riesiges Konstrukt aus Lügen.

Als in unserer Firma neue Leute eingestellt wurden, fragte ich zwei von den Neuen nach etwas Geld. Sie waren neu und sicher konnten sie ein paar Euros für ein gutes Spiel entbehren. Es wäre für Zigaretten, sagte ich ihnen. Mit dem Geld wollte ich zusätzlich zum Automaten-Spiel neue Wege gehen. Daher lief ich zum nächsten Kiosk und füllte mit ihrem und meinem Geld einen Lottoschein aus. Ich brauchte schnelles Geld und zwar möglichst viel davon!

„Die ersten großen Probleme mit der Spielsucht fingen an, als mir das Geld ausging…“

Wie es weiter ging, könnt ihr euch vielleicht denken. Uns ging das Geld aus und da meine Freundin nur in Teilzeit arbeitete, reichte es gerade noch, um alle Kosten für den Monat zu decken. Als ich nach einem weiteren verlustreichen Tag in der Kneipe nach Hause kam, stellte sie mich zur Rede. Sie hatte am Vorabend in meinem Geldbeutel rumgewühlt und Wettscheine darin gefunden.

Ach ja, das hatte ich ja noch gar nicht erzählt. Nachdem der Lottoschein in die Hose ging, probierte ich es mit Wettscheinen aus. Man wollte ja schließlich alle Optionen durchgehen. Jedenfalls hatte ich ein paar Mal Glück und holte mir Bares ein. Doch mittlerweile betrugen meine Schulden über 500 EUR. Wir hatten einen großen Streit, in dem meine Freundin mir sagte, dass ich mit dem Zocken aufhören solle. Als ich ihr gestand, wie hoch meine Schulden waren, begann sie zu weinen. Sie war bereit, mir eine letzte Chance zu geben und war einverstanden, mir meine laufenden Schulden von ihrem Ersparten zu bezahlen.

„Bis zuletzt, war ich davon überzeugt, alles wieder reinzuholen…“

Doch scheinbar drang der Rat meiner Freundin nicht richtig zu mir durch. Denn als meine Schulden bezahlt waren, wollte ich das alles wiedergutmachen. Wie besessen wartete ich auf den nächsten Lohn, während ich mir von meinen Eltern Geld schnorrte, um die Zeit zu überbrücken. Ich reduzierte die Zeit in der Bar, um keinen Verdacht bei meiner Freundin zu erwecken. Und plötzlich war sie wieder da, die gute alte Glückssträhne! Die Spielsucht hatte mich immer noch im Griff, doch schließlich verzeichneten sich endlich wieder Gewinne auf dem Plus-Konto!

„Eine Zeit lang lief alles gut, bis ich anfing, die Kontrolle zu verlieren…“

Ich hatte meine Spielsucht scheinbar im Griff und auch die Beziehung zu meiner Freundin normalisierte sich wieder. Wir waren wieder flüssig und ich verlagerte das Spiel nach Hause und meldete mich auf Online-Casino-Portalen an. Dabei entdeckte ich das Poker-Spiel für mich. Doch dann passierte es wieder. Ich spielte und spielte und verlor. Doch das wollte ich einfach nicht akzeptieren. Stellen Sie sich vor, dass die Spielsucht mich in Entscheidungen verwickelte, die ich so nie getroffen hätte. Und da machte ich den verheerenden Fehler: Ich erhöhte meine Einsätze beim Roulette und setzte immer und immer wieder auf eine Nummer. Wieder verlor ich. An diesem einen Abend machte ich vierstellige Verluste.

„Die Spielsucht hat mir am Ende alles weggenommen, was mir wichtig war…“

Wie im Wahn wollte ich das verlorene Geld wieder beschaffen. Doch ich hatte mein Bankkonto leergeräumt. Die nächste Miete war fällig und ich war nicht mehr in der Lage, sie zu bezahlen. Also tat ich, was ich noch bis heute bereue. In der Nacht borgte ich mir Geld von meiner Freundin, ohne sie darüber zu informieren. Ich klingelte meinen besten Kollegen wach, um mir von ihm Geld zu leihen. Doch er reagierte nicht auf meine Bitte und sagte, ich solle was gegen meine Sucht tun. Als ich am Morgengrauen nach Hause kam, mit weiteren 120 EUR Schulden, sah ich meine Freundin auf dem Bett weinen. Das war das letzte Mal, als ich sie so sah. Sie machte Schluss mit mir.

„Der Teufelskreis der Spielsucht zwang mich zu handeln…“

Nachdem mich meine Partnerin verlassen hatte, verlor ich die komplette Kontrolle. Ich erschien nicht mehr zur Arbeit und wurde zum Langzeitkranken. Isoliert und allein gelassen vegetierte ich in meiner Wohnung, bis man mir diese aufgrund von nicht erfüllten Zahlungen kündigte. Ich nahm Abstand von der Gesellschaft und auch sie entfernte sich von mir. Der letzte Ausweg waren meine Eltern, die ich darum bat, bei ihnen einziehen zu dürfen. Sie stimmten zu, unter der Voraussetzung, dass ich eine Therapie begann. Natürlich stimmte ich zu, meine Schulden waren mittlerweile in einem hohen vierstelligen Bereich. Also trat ich eine Therapie an und lebte von da an wieder bei meinen Eltern.

„Mittlerweile habe ich die Spielsucht erfolgreich besiegt!“

Anfangs war die Therapie schwierig und ich begann zu zittern wie ein ehemaliger Junkie, wenn ich nur dran dachte, dass ich nie wieder zocken würde. Ich bekam Schweißausbrüche und träumte nachts von den Gewinnen, hinter denen ich während meiner Spielsucht her war. Ich nahm jede Möglichkeit der Therapie wahr: Hypnose, Psychologen, neurolinguistisches Programmieren, Reha-Kliniken usw. Mittlerweile hab ich es geschafft und bin frei von der Spielsucht. Ich habe meinen Job gewechselt und habe meiner Ex ihre Schulden zurückgezahlt. Auch allen anderen Leuten, denen ich Geld schuldig war, habe ich ihr Geld zurückgegeben.

Ich fühle mich wieder frei und habe begonnen, meine Restschulden bei der Bank zu begleichen. Es dauert nicht mehr lange und ich bin frei von aller Last und allen Schulden. Lasst euch gesagt sein, dass die Spielsucht einem das komplette Leben zerstören kann und lasst am besten die Finger davon! Macht Sport, sucht euch Hobbies, macht was Sinnvolles. Doch fallt nicht auf die Glücksspiele des Teufels rein. Denn das sind sie wahrlich!

Das Beitrags-Bild unterliegt der Creative Commons Zero (CC0) Lizenz: Jaymantri/pexels