Thriller: Seelenfall – Die Verführung (Episode 8)

Episode 8

Die Verführung

Während er sie betrachtete, fielen ihm ihre schönen Augen auf, die ihn aufmerksam anstrahlten. Ihre grau-blauen Augen blickten ihn verlegen, aber freundlich an. Er setzte sich neben sie an die Bar.
„Na, wie gehts? Wo sind deine Freundinnen? Oder bist du alleine hier?“, fragte Jordan sie lässig.

Sie blickte einen kurzen Moment lang in die Menge und widmete sich dann wieder Jordan.
„Mir geht es gut. Sie müssten jeden Moment wieder auftauchen. Ich schätze, sie haben sich auf der Toilette verirrt.“
Sie lächelte ihn amüsiert an.
„Das denke ich auch. Vielleicht ist das die beste Gelegenheit, um dich zu einem kleinen Tänzchen zu bitten. Darf ich?“
Sie zögerte einen Moment zu lang.
„Ich muss ablehnen. Ich kenne dich noch nicht einmal. Außerdem müssten meine Mädels jeden Augenblick zurückkehren. Nimm es mir nicht übel“, antwortete sie ihm.

„Mach dir keine Sorgen. Das macht überhaupt nichts. Weißt du, ich habe heute Geburtstag und meine Jungs und ich feiern dort hinten im VIP-Bereich bei den Kreissofas neben der Tanzfläche. Wenn du und deine Freundinnen Lust habt, könnt ihr euch gerne zu uns setzen“, sagte Jordan, unbeeindruckt von der leichten Abfuhr des Mädchens.
„Ist das wahr? Wie alt bist du geworden?“ fragte sie ihn neugierig.
„Geworden? Um genau zu sein, werde ich in zwanzig Minuten neunzehn“, sagte Jordan grinsend.
„Das ist schön. Dann hast du ja noch ganz schön was zu feiern.“
„Da hast du Recht. Und ich würde mich über deine Gesellschaft freuen.“

Sie redeten noch einen Moment, bis die Zeit knapp wurde und Jordan wieder zu seinen Kollegen lief. Mittlerweile hatten sie sich von der Tanzfläche entfernt, um ihn auf dem Kreissofa in Empfang zu nehmen. Es war kurz vor Mitternacht und die Getränke standen bereit, seine Kumpanen fingen bereits an zu gröhlen. Als sie ihm alle gratulierten, sah er das Mädchen, das er zuvor angesprochen hatte. Nun war sie mit zwei weiteren Freundinnen unterwegs zu ihnen. Sie waren fast genauso heiß wie sie, doch sie kamen nicht ganz an ihre Ausstrahlung und Attraktivität heran. Er hieß sie willkommen und sie setzten sich zu ihnen auf das Sofa. Gratulationen wurden ausgesprochen und Jordan wurde gefeiert.

Die Gläser klirrten, und auch die Freundinnen von ihr begannen zu trinken, doch das blonde Mädchen rührte keinen Tropfen an. Während sich Westhill an die Brünette Johanna ranmachte und scheinbar ein gutes Händchen für sie hatte, tanzte Mercal mit Lilly, der rothaarigen Freundin, wie wild auf der Tanzfläche. Ihre Körper berührten sich intensiv und Lilly versuchte ihn mit den rhythmischen Bewegungen ihres Hinterns wild zu machen. Mercal genoss die Show und auch wenn sie immer wieder von der Tanzfläche zurück zum Kreissofa kamen, um Nachschub zu holen, blieben sie doch größtenteils auf seinem Hoheitsgebiet. Manson hatte an dem Abend deutlich zu viel gehabt. Er lag mit weit offenem Mund auf dem Sofa und schlief den Schlaf der Unschuldigen.

So hatte Jordan sie für sich. Er bekam heraus, dass sie älter war als er selbst und Faith hieß. Sie war zwanzig Jahre alt und machte eine Ausbildung im medizinischen Bereich. Obwohl er schon den Alkohol spürte, versuchte er sich zu beherrschen. Sie hatte noch keinen einzigen Drink zu sich genommen. Er schenkte ihr einen Drink ein.
„Trinkst du einen für mich?“, fragte er sie herausfordernd.
Faith zögerte. Sie sah süß dabei aus, fand Jordan.
„Ich habe noch nie in meinem Leben getrunken“, gestand Faith.
„Dann wird es höchste Zeit, Faith. Wenigstens einen auf meinen Geburtstag!“
Er wollte sie unbedingt auflockern, denn er fand größtes Gefallen an ihr und wollte sie unbedingt klar machen. Die Verführung konnte beginnen.

Wenig später stießen sie auf seinen Geburtstag an. Er hatte es tatsächlich geschafft, Faith dazu zu überreden, etwas zu trinken.
War das richtig gewesen?
Immerhin war es sein Geburtstag und er fühlte sich wohl neben Faith.  Sie unterhielten sich ziemlich lange, über ihren Job, über ihre Interessen und Jordan und Faith fühlten sich zueinander hingezogen. Er schenkte ihr nach und sie wurde lockerer. Sie kamen sich näher und er fing an, einen Arm um ihre Schultern zu legen. Er erfuhr, dass ihre Eltern konservativ waren, und ihre kleine Tochter vor allem Schlechten beschützen wollten.
Jordan entschuldigte sich für einen Moment und lief zur Club-Toilette, um sich zu erleichtern. Westhill hatte bei Johanna gute Chancen gehabt, bis er wie Manson zuviel Alkohol trank und das Gespräch versaute. Nun lag er neben Manson und kämpfte gegen den Schlaf an. Johanna unterhielt sich mit Faith.

Als Jordan sein Geschäft verrichtet hatte, sah er einen Mann in einem schwarzen Anzug und einem roten Hemd am Waschbecken. Er trocknete gerade seine Hände ab.
„Alles klar, Kumpel? Amüsierst du dich gut?“, fragte er Jordan.
Jordan war überrascht über den Fremden. Er hatte eine dunkle Ausstrahlung, die er nicht beschreiben konnte. Seine Aura war heimtückisch und böse.
„Alles klar soweit. Bei Ihnen?“, antwortete er ihm.
„Das freut mich. Die Nacht ist noch jung und die Frauen scheinen recht entspannt in diesem Club.“
„Allerdings. Das finde ich auch.“
„Du bist doch der Typ mit der blonden Frau im VIP-Bereich.“
„Was zum…woher wissen Sie das?“, fragte Jordan ihn überrascht.
„Die Kleine leuchtet förmlich im Dunkeln. Und dich habe ich von Weitem erkannt, als du sie an der Bar angesprochen hast.“
„Sie sollten sich um Ihren eigenen Kram kümmern“, sagte Jordan ernst und wusch seine Hände.
„Eine schöne Frau, nicht wahr? So unschuldig und rein. Die sollte man sich nicht entgehen lassen“, sagte der Mann im dunklen Anzug.
Jordan schaute den Mann genauer an. Sein Gesicht war von einem seltsamen Schatten bedeckt.
Dieser Typ muss ein Psychopath oder sowas sein.
Er beachtete ihn nicht weiter und verließ das Club-WC.

Als er wieder zurück bei Faith war, wartete sie schon mit strahlenden Augen auf ihn. Ihr Blick verriet, dass sie leicht betrunken war. Er setzte sich zu ihr hin und Johanna versuchte Westhill aufzumuntern. Anschließend lief sie mit Westhill zur Bar, um ihm und Manson ein Glas Wasser zu holen. Westhill torkelte und fand die Idee ziemlich einfallsreich.
Jordan legte eine Hand um Faiths Taille. Er musste zugeben, dass er sich zu dieser Frau hingezogen fühlte.
Doch was hatte es mit dem Mann im schwarzen Anzug auf sich? Was sollte die Anspielung auf Faith und wieso hatte er sie beobachtet? Das war ziemlich krank.
Faith und Jordan unterhielten sich noch eine Weile, bis ihre Blicke auf seinen Lippen hafteten. Ihre grau-blauen Augen sahen ihn sehnsüchtig an und als der richtige Moment gekommen war, küsste er sie zärtlich. Doch er spürte in diesem magischen Moment der Zuneigung und Sympathie zu dieser Frau, dass etwas nicht stimmte. Die Situation kam ihm surreal vor. Das Gefühl, dass er diese Situation schon einmal in seinem Leben erlebt hatte, beschlich ihn.

Aufregend? Dann lesen Sie hier das nächste Kapitel: Seelenfall – Deja Vu (Episode 9)